WIE: 2011 IN ZANSKAR

 

Nach zwei vorherigen Besuchen bei der Secpad-Schule in 2009 und 2010 mit nur meiner “Zweitkamera” und einigen Art Tests, in welchen ich die Kamera einigen Kindern gab und einiger Aufsatzschreibversuche (das erste gab sehr vielversprechende Resultate während das zweite eher enttäuschend und schwierig war), kam ich im August 2011 zu einem 2,5-wöchigen Besuch mit einigen gespendeten Kameras. Ich wohnte im Gästehaus des Schulhostels. Vormittags unterrichtete ich – englisch und manchmal einige Themen, die mir nützlich erschienen, um Material für ein Buch oder ähnliches zu sammeln.

 

Nachmittags hatte ich eine spezielle Fotoklasse mit 6 Hostelkindern, mit denen ich über Fotografie sprach, Kameras erklärte und versuchte, sie selber den Unterschied zwischen einem Foto, welches sie als gut empfanden und einem anderen, welches sie als nicht so gut einschätzten, herauszufinden. Ich gab ihnen kleine digitale Kameras und sie benutzten sie täglich sehr viel, so dass ich sie am nächsten Tag mit ca. 100-150 Bildern zurück bekam. In Zanskar hat so gut wie keine Familie eine Kamera, so dass es für die Kinder eine große Freude war, etwas zu benutzen, was sie nur in den Händen von TouristInnen sahen. Und sie nutzten ihre Chance! Tausende von Fotos von lachenden FreundInnen, posierend wie Soldaten in den raren grünen Teilen des Hostel-Grundstücks. Zuerst dachte ich, ich sollte sie “disziplinieren”, aber mein zweiter Gedanke war, dass Fotografie immer etwas sein sollte, was Spaß bereitet und so ließ ich sie weitermachen. Und sie würden auch immer erfindungsreicher, eine großere Vielfalt an lustigen Posen und Gesichtern und Konstellationen zu produzieren.

 

Lobzang Stobdan

 

Aber nebenher wurden sie ehrgeizig und versuchten Fotos zu machen, die ich für gut hielt, über die ich Bemerkungen machte, wenn wir die Bilder am nächsten Tag sichteten. Sie versuchten nachzumachen, was ich als besonders hervorhob, wohin ich während unserer Ausflüge meine eigene Kamera richtete und wurden erfindungsreich, um ein spezielles Foto zu machen.

 

Zusätzlich gab ich eine Extra-Kamera an Klasse 8, jeden Tag einer/m anderen SchülerIn, damit ich mehr Bilder vom täglichen Leben in den Häusern und auf den Feldern bekommen würde. Ich gab ihnen nur vor, welche Art von Fotos ich mir wünschen würde und jeden Tag war ich erstaunt über die gute Qualität der Ergebnisse. Ich habe ihnen nie etwas gelehrt, da ich das Gefühl hatte, dass wir sehr gut so weitermachen konnten und ich bekommen würde, was ich mir erhoffte. Es schien, als hätten die Kinder ein natürliches Gefühl für Bilder, was recht überraschend ist wenn man bedenkt, dass es in ihrer Welt wenige gibt – keine Zeitungen, keine Zeitschriften, keine Werbeplakate an den Wänden, mehr Zeichnungen als Fotos in den Schulbüchern.

 

Ich habe die Einstellungen der Kameras immer festgesetzt (200 Iso und automatischer Blitz), aber die Kinder haben meistens begeistert alle möglichen Änderungsmöglichkeiten ausprobiert und so bekam ich manchmal Filme, 1600 Iso oder technisch schlechte Fotos zurück. Ich habe alles selber editiert, da mir schien, dass es etwas viel wäre, das in der kurzen Zeit auch noch zu unterrichten. Auch waren die Kinder begeisterter dabei, Bilder zu machen als hinterher darüber nachzudenken.

 

Anfangs waren sie mir gegenüber recht schüchtern, da ihr englisch nicht so sehr gut ist und ich auch noch einen starken deutschen Akzent habe, aber gerade nach den gemeinsamen Ausflügen wurde unsere Beziehung entspannter. Manchmal war ich etwas ungeduldig, wenn ich nach 10 Tagen wieder einmal eine Speicherkarte voller “Soldatenfotos” bekam, aber ich bemühte mich, runterzukommen und zu realisieren, dass ich schon eine ganze Menge erreicht hatte. Nächstes Jahr werden wir weitermachen, da so viele Aspekte des zanskarischen Lebens noch nicht dokumentiert worden sind.

 

Was mir zuletzt noch wichtig ist zu erwähnen ist, dass alle Fotos auf dieser Blogwebseite von den Kindern gemacht worden sind außer einigen “making-of’s”, die ich gemacht habe. Und alle Fotos sind Originalausschnitt, d.h. ich habe den Ausschnitt nicht verändert (außer manchmal ein Geraderücken) – ein Prinzip, welches ich auch auf meine eigenen Fotos anwende.

 

Stanzin Chemath